César Francks "Die sieben letzten Worte Jesu"

 

César Francks recht geradlinige Vita ist mit relativ wenigen Sätzen umrissen. Geboren am 10. Dezember 1822 in Lüttich zog er in seiner frühen Jugend alsbald die Aufmerksamkeit durch sein pianistisches Können und durch gelegentliche Kompositionen auf sich. Nach einer musikalischen Ausbildung am Konservatorium in Lüttich erreichte er 1837 die Zulassung zum Pariser Conservatoire, an dem er Kontrapunkt und in der Klasse von François Benoist, zu dessen Schülern unter anderen auch Camille Saint-Saëns und Louis Lefébure-Wely gehörten, Orgel studierte. Im Alter von 22 Jahren hatte er bereits die Position des zweiten Organisten an der Kirche Notre-Dame de Lorette in Paris inne. Zwischen 1851 und 1857 übernahm er den kirchenmusikalischen Dienst an St. Jean – St. François in Paris. Ab 1858 bis zu seinem Tod wirkte Franck an der Kirche Ste. Clotilde, ebenfalls in Paris.

Franck blieb damit zeitlebens der Musica Sacra verbunden, gab aber bereits 1859 im Alter von 37 Jahren die Chorleitung an den damals 22-jährigen Théodore Dubois ab und beschränkte sich damit fortan als „Organiste Titulaire“ auf das Orgelspiel. Dies hing zweifellos mit der Fertigstellung der Hauptorgel der Kirche zusammen, die vom berühmten Orgelbaumeister Cavaillé-Coll erbaut worden war und mit 60 klingenden Registern auf drei Manualen plus Pedal einschließlich zwei 32' Registern fast unerschöpfliche und zugleich kraftvolle Klangmöglichkeiten bot. Für einen Organisten im besten Alter muss diese Orgel, die damals so sehr dem romantischem Zeitgeist entsprach, wie die Erfüllung eines Lebenstraums vorgekommen sein. Mit so einem Instrument lag die Favorisierung der Orgel nahe.

Doch bereits im Alter von 26 Jahren hatte sich Franck vorgenommen, neben seiner Erwerbstätigkeit als Lehrer und Organist täglich zwei Stunden der Komposition oder dem Studium großer musikalischer oder literarischer Werke zu widmen. Auf diese Weise entstanden zwischen 1848 (also bereits zehn Jahre vor seiner Berufung zu Ste. Clotilde) bis ca. 1868 quasi in Nachtarbeit Kompositionen meist für den liturgischen Gebrauch. Nach und nach entwickelte der dabei seinen persönlichen Kompositionsstil, allerdings haben die dabei entstandenen Werke wenig Beachtung gefunden.

Im besonderen Maße gilt dies für Francks „Les sept derniéres paroles du christ en croix“ (Die sieben letzten Worte Christi am Kreuz), die Franck auf seinem Manuskript mit 14.08.1859 datierte, eben jenem Jahr, in dem er sich aus der Vokalmusik an der Kirche Ste. Clotilde zurückzog. Demnach hätte das Werk in der Passionszeit 1860 zur Aufführung kommen können. Abgesehen davon, dass kein Einzelstimmenmaterial überliefert ist, könnte der zu dieser Zeit bereits amtierende Kapellmeister Dubois eine Erklärung dafür sein, warum das Werk zu Lebzeiten Francks vermutlich nie zur Aufführung kam. Im Gegenteil, im Jahr 1867 wird dort eine Vertonung von „Die sieben letzte Worte Jesu am Kreuz“ von Théodore Dubois als „herausragende kirchenmusikalische Novität“ gepriesen, die sogar im gleichen Jahr aufgeführt wurde, ohne das gleichnamige, acht Jahre früher entstandene Werk César Francks wenigstens mit einem Wort zu erwähnen. Das Werk verschwand in der Versenkung.

Erst 95 Jahre später im Jahr 1955 erwarb die Bibliothek Lüttich das Autograph aus Privatbesitz. Weitere Jahre gingen ins Land, bis diese Vertonung der letzten Worte Jesu im Jahr 1977 und somit 118 Jahre nach dessen Entstehung in der Martinskirche zu Geislingen an der Steige unter der Leitung von Armin Landgraf uraufgeführt wurde. Landgraf ist derjenige, dem die Ehre gebührt, zwei Jahre zuvor 1975 im Rahmen seiner Monographie „Musica Sacra zwischen Symphonie und Improvisation: César Franck und seine Musik für den Gottesdienst“ Francks Vertonung der Jesusworte erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt zu haben. Das Verschollensein des Autographen ist auch der Grund, warum Francks Biographen das Werk überhaupt nicht kannten.

Franck ging es bei dieser Sieben-Worte-Vertonung nicht um eine dramatische Darstellung der Leidensgeschichte Jesu an sich. Es sind die von den Evangelisten überlieferten Worte des Gekreuzigten, die als textliche Grundlage im Fokus des Werkes stehen und mit auslegenden Texten aus der Bibel ergänzt wurden. Francks Absicht war eine musikalische Vertiefung dessen, was hinter dem Geschehen von Golgotha steht und sich zeichenhaft in den Worten Jesu zu erkennen gibt: Vergebung, Heilszusage, Mitleiden, Verlassenheit, Not, Erlösung und Gottergebenheit.

Der den Christusworten vorangestellte Klagegesang „O vos Ommnes“ (O ihr alle, die ihr des Weges kommt, schaut her und seht, ob es einen Schmerz gibt gleich meinem Schmerz) ist quasi ein Prolog und Einstimmung zum Passionsgeschehen. Die Komposition benötigt ein großes Orchester einschließlich Harfe, vier Solistimmen und Chor. Interessant ist der ursprüngliche und ungewöhnliche Vokalsatz für Sopran, zwei Tenorstimmen und Bass. Vermutlich hängt der Verzicht auf Alt mit den damaligen Besetzungsgegebenheiten zusammen und weniger mit einer möglicherweise intendierten dunklen Klangfarbe. Die außergewöhnlich hohe Lage des ersten Tenors würde einer solchen Absicht wiedersprechen. Zugleich war es dem Herausgeber und Verlag dadurch möglich, in den Tuttistellen die hohe Tenorstimme dem Alt zu übertragen, um damit der heutigen, gebräuchlichen Stimmenverteilung der Chöre zu entsprechen.

Die überwiegend vorzufindenden Moll- und B-Tonarten sowie die überwiegend langsamen Tempi sind passend dem Sujet geschuldet. Die Vertonung der Jesuworte realisierte Franck mit sehr schlichten, schon etwas archaisch anlautenden, aber wunderschönen Harmonien. Diese choralähnlichen Passagen, die durch ihre asketische Schlichtheit eine tief beeindruckende Wirkung erzielen, wechseln sich mit schmerzvollen Klagegesängen ab und stehen im starkem Kontrast zu solchen, im Tempo meist rasanten, reißerisch anmutenden Abschnitten, in denen die Verspottung Jesu mit den musikalischen Stilmitteln der Grande Opéra des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck gebracht wird. (BC)

"Die letzten sieben Worte Jesu" - 2023

In seinem Werk „Die sieben Worte Jesu am Kreuz“ bringt César Franck (1822—1890) dies in seiner musikalischen Ausführung und empfindsamen Musik deutlich zum Ausdruck.

Auch der 19–jährige Franz Schubert (1797—1828) malt in seinem „Stabat Mater“ emotionsreiche musikalische Stimmungen und Bilder vom Schmerz und Mitleid bis hin zur späteren Vollendung und Vorfreude auf das Paradies. Erkennbar inspiriert wurde er durch den jungen, tief religiösen Dichter Friedrich Gottlieb Kloppstock (1724—1803), der den deutschen Text zu Schuberts „Stabat Mater“ schrieb.

Dem Ziel, nicht nur die richtigen Töne zu lernen, sondern auch die differenzierten Stimmungen musikalisch überzeugend zu gestalten, ist die Kantorei am Wochenende ein großes Stück näher gekommen. Trotz konzentrierter und intensiver Probenarbeit blieb viel Zeit für Gespräche, Gemeinschaft und frohe Geselligkeit.

Sehr hilfreich war, dass Hans Fischer, der am Konzert den Orgelpart übernehmen wird, unterstützend am Klavier die Proben begleitete. Ein besonderes Highlight für den Chor war auch, dass die junge Sopranistin Greta Hartleb aus Friedrichshafen am Wochenende dabei sein konnte und mit ihrer warmen, klaren und doch so kraftvollen Stimme schon einen Vorgeschmack auf die wunderschönen Arien gab.

Das Passionskonzert wird am Karfreitag, 7. April um 17 Uhr in der Schlosskirche zu hören sein.