Freundeskreis für Kirchenmusik in Friedrichshafen
Christel Voith, Friedrichshafen, Schwäbische Zeitung, 24. April 2025
Seine Feuertaufe in der ausverkauften Schlosskirche hat Manuel Mader mit Bravour bestanden – und mit ihm die Kantorei und das Gastorchester Camerata Viva Tübingen. Nachdem traditionsgemäß am Ende des Karfreitagskonzerts auf Applaus verzichtet wurde und nur die Glocken sprachen, war es vielen Zuhörern ein Bedürfnis, dem Kantor persönlich für das tief berührende Konzert zu danken.
Mozarts Requiem, das im Zentrum stand, hat Mader die Bach-Kantate „Actus tragicus“ vorangestellt, die als Geniestreich des erst 22-Jährigen und als Gipfelwerk der älteren protestantischen Kirchenkantate gilt. Arias und ein freudiger Choral kreisen um Leben und Tod und feiern zuletzt Christi Sieg über den Tod. Mit einer bewegenden Sonatina mit Blockflöten, Gamben und Continuo stimmt Bach in seinem Frühwerk auf die Trauermusik ein und schon hebt der Chor an mit „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit. In ihm leben, weben und sind wir, solange er will...“ Tenor und Bass reflektieren den unausweichlichen Tod, ehe der Mensch sich seinem Schicksal fügt. „Ja komm, Herr Jesu, komm“, singt die Sopranistin und innig preist die Altistin die Erlösung. Wie tröstlich ist da zuletzt der schlichte Choral: „Mit Fried und Freud fahr ich dahin...“ Eine wunderbare Hinführung zum Requiem, eine Trostmusik, welche die Musiker der Camerata Viva wunderbar herüberbrachten, und Arias, welche die Solisten eindrucksvoll interpretierten.
Wenngleich es immer wieder neue Versuche gibt, Mozarts unvollendetes Requiem zu ergänzen, hat sich Mader für die traditionelle, von Mozarts Schüler Franz Xaver Süssmayr ergänzte Fassung entschieden. Nach zeitgenössischen Berichten kommt Süssmayr, Mozarts am Totenbett gegebenen Anweisungen folgend, dessen Vorstellungen wohl am nächsten, wenngleich die späteren Sätze Sanctus, Benedictus und Agnus Dei das Meisterwerk nicht erreichen können.
Zum Leuchten kamen im Konzert die Chorsätze, in denen die Kantorei die verschiedenen Stimmungen transparent abbildete, ob im innigen Auftakt des „Requiem aeternam dona eis, Domine“, im geradezu mitreißenden Impetus des „Kyrie“ oder im dramatisch gesteigerten „Dies irae“. In schwebendem Rhythmus atmete das „Lacrimosa“, wunderbar tröstlich endete der Chor im zum originalen Mozart zurückkehrenden „Lux aeterna“. Während die Sopranistin Jingjing Ma eingangs noch sehr zart anhob, fügte sie sich danach bestens ins Solistenquartett ein. Sehr innig sang die Altistin Theresa Bertrand die Aria in der Bach-Kantate, man hätte sie gerne noch öfter mit einer Solo-Arie gehört. Markant sang Eduard Wagner seine Tenor-Soli, mit vollem Bass erhob Torsten Meyer im „Tuba mirum“ seine Stimme. Harmonisch vereinten sich die Solisten in Mozarts Requiem zum Quartett. Und immer waren da die Musiker, die die beiden Werke vorzüglich mitgetragen haben. So wurde der Abend unter der musikalischen Leitung von Manuel Mader zum gelungenen Gesamtkunstwerk.
In großem Halbrund sitzen die Sängerinnen und Sänger der Kantorei im Saal des evangelischen Gemeindehauses um Manuel Mader, der vom Klavier aus leitet. Eine Grundspannung ist zu spüren, schließlich ist manches neu, mit dem vorigen Leiter und seinem Stil war man über dreißig Jahre lang vertraut. Auch wenn die Coronazeit ihren Tribut gefordert hatte und manche Sänger zugleich mit Sönke Wittnebel den Chor verlassen wollten, haben ihn nur zwei verlassen. Dafür hat die Kantorei vier neue Mitglieder dazugewonnen und somit ihre alte Stärke von rund siebzig Sängerinnen und Sängern behalten.
Auch wenn in der Probe über vier Wochen vor dem Konzert noch manche Takte und Übergänge nicht ganz rund laufen und mehrfach wiederholt werden – dafür sind Proben ja da –, ist der bekannte Klang, die bewundernswerte Pianokultur zu hören, man darf sich auf das Konzert freuen. Die Sänger haben ihre Noten in der Hand oder auf einem Ständer vor sich, gehen auf Maders Korrekturvorschläge ein, stellen Fragen, machen selber Vorschläge. Man spürt eine schöne, entspannte Arbeitsatmosphäre.
Manuel Mader ist froh darüber: „Manches fühlt sich an, als wäre ich immer da gewesen.“ Die Atmosphäre muss für ihn stimmen, schließlich kommen die Menschen aus Freude am gemeinsamen Singen.
Auch das Probenwochenende in Rot an der Rot sei sehr schön gewesen.
Eine Sängerin kommt her, drückt ihre Freude aus, dass es mit dem Chor so schön, in so freundlicher Atmosphäre weiterlaufe.
Hauptwerk des Konzerts ist Mozarts berühmtes Requiem in der Süßmayr-Fassung. Nach Passagen aus dem Offertorium und Sanctus kehren die Sänger zurück zum Introitus: „Requiem aeternam dona eis, Domine et lux perpetua luceat eis.“ Innig singt der Chor, lässt das verheißene Licht spüren.
Zum Auftakt hat Mader Johann Sebastian Bachs Kantate „Actus tragicus“ BWV 106 in der romantischen Orchesterfassung von Moritz Hauptmann gewählt, eine musikalische Meditation über Leben, Tod und Erlösung, vom Memento Mori zum ewigen Leben. Das Werk spanne einen theologischen Bogen zum Requiem. Vom alten Bund, vom „Mensch, du musst sterben“ führe der Sopran zum Ruf: „Komm, Herr Jesu, komm!“
Das Konzert findet am Karfreitag, dem 18. April in der Schlosskirche statt. Beginn ist um 17 Uhr. Karten im Vorverkauf zu 25, 19 und 14 Euro bei den Mitgliedern, Restkarten an der Abendkasse ab 16 Uhr. Weitere Informationen unter www.evkirchenmusik-fn.de.
Kantor Manuel Mader hatte für das Konzert den Trompeter Felix Mehlinger eingeladen. Doch wie viele Besucher würden kommen? Diese Frage stellte sich Mader noch am Vormittag.
Zögerlich fanden die ersten Gäste erst eine halbe Stunde vor Konzertbeginn um 22 Uhr den Weg zur nebligen Schlosskirche. Dort begrüßte sie Mader herzlich zu einem besonderen Jahresabschluss. Zu Beginn waren noch viele Plätze frei. Doch während draußen die ersten Böller die Stille der Nacht zerrissen, füllte sich die Kirche langsam. Bis zum Konzertbeginn war der Kirchenraum besetzt, wie sonst auch bei Konzerten.
Obwohl die Veranstaltung nicht groß öffentlich bekannt gemacht worden war, fanden sich viele Besucher ein. Alle lauschten gespannt und entspannt auf den beheizten Kirchenbänken den Klängen der Musik.
Die Musiker spielten, der Akustik wegen, auf der Empore und waren dank einer Großleinwand für alle Besucher gut sichtbar.
Der neue Kantor rückte die renovierte Kirchenorgel, für die sich sein Vorgänger Sönke Wittnebel leidenschaftlich eingesetzt hatte, in den Mittelpunkt. So wechselten sich im einstündigen Konzert reine Orgelwerke mit Werken für Trompete und Orgel ab.
Der helle Ton der Barocktrompete setzte mit Johann Friedrich Faschs Concerto in D-Dur ein und füllte den Raum, während die Orgel ihr ein eigenständiger Partner war. Nach leisem, ruhigem Largo leuchtete wieder die Trompete auf, virtuose Verzierungen umrankten das gesangliche Motiv.
Felix Mendelssohn Bartholdys Orgelsonate Nr. III op. 65 glich einem ständigem Fluss, ließ die Orgel wirbeln und brodeln, ehe sie sich im Andante in eine mystische Ferne zurückzog. Mit Gustav Mahler vereinten sich beide Instrumente wieder. Wie ein gemeinsames Gebet wirkte die schlichte Melodie.
Mit Bachs Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 ließ Mader die Orgel noch einmal majestätisch erklingen, ehe mit Torellis Sonata in D-Dur in enger Zwiesprache von Orgel und Trompete festliche weihnachtliche Freude erklang.
Ein schöner Ausklang war Bachs Choralvorspiel zu „Kommst du nun, Jesu, vom Himmel herunter“. Ein letztes gesangliches Duett der beiden Musiker als Zugabe, und die Zuhörer eilten mit guten Neujahrswünschen nach Hause.
Zugang zur Liste der Berichte