Euphorie und Wehmut beim Gospelkonzert

Letztes Konzert von Almost Heaven unter Sönke Wittnebels Leitung

Schwäbische Zeitung, Mittwoch, 28. Juni 2023
von Christel Voigt, Friedrichshafen


n die Euphorie hat sich am Samstagabend beim Konzert in der Schlosskirche Wehmut gemischt, denn einerseits feierte der Gospelchor Almost Heaven sein 25-jähriges Bestehen, andererseits war es das letzte große Konzert des Chors mit seinem Gründer und Initiator, Kirchenmusikdirektor Sönke Wittnebel, der Ende April in den Ruhestand geht.

So hat auch Co-Dekan Reimar Krauß dem Chor mit Wehmut zum Jubiläum gratuliert. Kantor Wittnebel dankte den Besuchern in der randvollen Kirche für ihr Kommen und seinen Sängerinnen und Sängern für Jahrzehnte der Treue, für all die eingesetzte Energie und Motivation, und wünschte ihnen eine gute Nachfolge.

Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ hat Wittnebel von der Gründung des Gospelchors erzählt: „Wenn man jung und tatendurstig ist, sucht man nach musikalischen Nischen für die Verkündigung. Die Idee war 1998 ein Jugend-Gospelchor.“ Doch die regelmäßige Präsenz der Jugendlichen sei etwas „suboptimal“ gewesen, da sei die zündende Idee gekommen, auch Erwachsene mit einzuladen, und bald war auch der Name gefunden. Heute habe Almost Heaven vierzig aktive Teilnehmer, die auch dringend wünschen, dass der Chor nach Wittnebels Ausscheiden bestehen bleibt. Der Findungsprozess für einen Nachfolger laufe, aber es sei noch alles offen.

Für das Abschiedskonzert hätten sie Stücke gewählt, die ihnen in der zurückliegenden Zeit besondere Freude gemacht haben. Im Mittelpunkt standen nicht die allbekannten Gospels wie „Joshua Fit The Battle of Jericho“, sondern überwiegend stillere Gospels, die Trost, Ermunterung und Freude spenden, vom weihnachtlichen „Mary's Little Boy Child“ bis zur Aufforderung „Take Your Cross, Follow Jesus“.

Traditionsgemäß schritt der Chor gemessen durch den Mittelgang zum Altar zum ersten Lobgesang. Dann ein Sprung ins Alte Testament mit dem mitreißenden Spiritual „Elijah Rock“. Während Wittnebel seinen Chor meist vom Piano aus führte, hob er ein Lied mit festlicher Orgelbegleitung besonders heraus und lud die Zuhörer zum Mitsingen ein. Passend zur Jahreslosung der evangelischen Kirche „Du bist ein Gott, der mich sieht“ hieß es dankbar: „God has smiled on me, He Has Set Me Free.“ In schönem Wechsel folgten Besinnlichkeit und jubelnde Ekstase mit Klatschen, wie überhaupt auch diesmal neben den besonderen Gewändern die lebendige Choreografie am Altar bestach. Tief berührend war das nach dem Attentat vom 11. September geschriebene, an Hiob angelehnte Gospel „You Give and Take Away - Lord, Blessed Be Your Name“.

Kaum war das offizielle Programm mit dem jubelnden „Moving Up to Gloryland“ zu Ende, standen alle Zuhörer zum Applaus auf. Mit der Erklärung „Mit dir geht bei den Proben für uns die Sonne auf“ überreichte der Chorsprecher dem scheidenden Leiter einen Strauß Sonnenblumen. Mit „Siyahamba - We Are Marching In The Light of God“ gingen die Sängerinnen und Sänger wieder langsam zum Ausgang.