Stabat Mater von Franz Schubert

Das Stabat Mater (nach dem Gedichtanfang Stabat Mater dolorosa, lat. für ‚Es stand die Mutter schmerzerfüllt‘) ist ein mittelalterliches Gedicht, das die Mutter Jesu in ihrem Schmerz um den gekreuzigten Jesus als zentralen Inhalt hat. Die Verfasserschaft ist ungeklärt. (...)“, es entstand  wahrscheinlich im 13. Jh. Es wurde ursprünglich wohl in der Art einer Sequenz von zwei Halbchören im Wechsel gesungen. Ab dem späten 15. Jahrhundert wurde der Text von vielen Komponisten vertont, unter anderem von Josquin Desprez, Orlando di Lasso, Palestrina, Scarlatti und Vivaldi und Pergolesi. (Vgl. Wikipedia, Artikel "Stabat Mater")

Giovanni Battista Pergolesi (1710-36): Stabat Mater von 1736 (Erstdruck 1748). Pergolesis Stabat Mater im "galanten Stil" für Alt, Sopran, Streicher und Basso continuo, wenige Wochen vor dem Tod des jungen Komponisten entstanden, wurde "eines des meistnachgedruckten Werke des 18. Jahrhunderts". (Vgl. Wikipedia, Artikel "Stabat Mater (Pergolesi)"

Johann Sebastian Bach (1685-1750) "arbeitete (...) um 1745 Pergolesis Stabat Mater zur Kantate "Tilge, Höchster, meine Sünden" (BW 1083) um; der Text ist eine metrisch angepasste Nachdichtung von Psalm 51. (Wikipedia, Artikel "Stabat Mater (Pergolesi)")

Die Begeisterung für Pergolesis Stabat Mater bewirkte in der Folge mehrere Übertragungen des lateinischen Textes ins Deutsche, darunter eine gereimte Fassung von Christoph Martin Wieland von 1779 (abgedruckt in Wikipedia, Artikel "Stabat Mater") ...   und eine freie Nachdichtung von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803). Klopstocks „Jesus Christus schwebt am Kreuze“, 1767 erstmals brieflich erwähnt, wurde 1770 in Leipzig zunächst als Komposition für zwei Stimmen von Joh. Adam Hiller aufgeführt (vgl. Düllmann, S. 2 [2]).

„Vor allem durch die 1774/1776 gedruckte Bearbeitung von Pergolesis Stabat Mater für vierstimmig gemischten Chor durch den späteren Thomaskantor Johann Adam Hiller (1728-1804) erfuhr Klopstocks Übertragung ins Deutsche weite Verbreitung.“ (Schuck, S. 3) [=Pergolesi-Bearb. v. Hiller + Klopstock]

Franz Schubert (1797-1828) kannte sicher das Stabat Mater von Pergolesi und wohl auch die Bearbeitung des Klopstock-Textes durch J.A. Hiller. Er komponierte 1815 ein erstes, kürzeres Stabat Mater in g-moll nach dem lateinischen Text und 1816 dann "Klopstocks Stabat Mater" ["Jesus Christus schwebt am Kreuze“] in f-moll, der Original-Tonart von Pergolesi. (D383) [=Schubert Neuvertonung + Klopstock].

Das Autograph des Stabat Mater von Franz Schubert (D 383) enthält noch einen interessanten Hinweis auf Schuberts Verhältnis zu seiner deutschen Textvorlage: Schubert gibt seinem Werk in der Handschrift nämlich den Titel "Klopstocks Stabat mater." (mittig gesetzt und unterstrichen) und notiert dann rechts oben "den 28. Februar 1816 / Franz Schubert". Das heißt, der Komponist hebt hervor, dass es sich um (s)eine Vertonung von Klopstocks Text handelt.

 

Nähere Informationen zu Schuberts Stabat Mater und dem deutschen Text von Klopstock stehen im Vorwort zur Carus-Ausgabe von Stefan Schuck [1] sowie in dem im Internet verfügbaren Aufsatz von Theo Düllmann: « EIN VORSCHMACK AUF DIE GÜTE GOTTES – Klopstocks geistliches Lied „Jesus Christus schwebt am Kreuze“ und die Vertonung durch Franz Schubert („Stabat Mater“) » [2]  

Dort findet sich auch folgende Zusammenfassung:
Insgesamt darf man Klopstocks geistliches Lied „Jesus Christus schwebt am Kreuze“ als ein starkes, tröstendes und durch ein lebhafte Bildlichkeit tief im Gemüt des Menschen verankertes Glaubenslied begreifen. Ob es in unsere heutige Zeit hineinreichen kann, hängt von jedem Einzelnen selbst ab. In jedem Fall ist es ein großartiges Zeugnis lebendiger Frömmigkeit - und sicher nicht einer oberflächlichen Frömmelei. Für das oftmals Unaussprechliche, für die Endlichkeit des menschlichen Lebens, eine angemessene und tröstende Sprache zu finden – an dieser Aufgabe scheitern Menschen aller Zeiten oft beträchtlich. Dass Klopstock dieser Aufgabe gerecht geworden ist, davon gibt zumindest Schubert mit seiner Vertonung eine überzeugende und in mehrfacher Hinsicht „sinn“volle Antwort.

[1] Carus Verlag: Franz SCHUBERT Stabat Mater Jesus Christus schwebt am Kreuze D 383, Carus 70.065
[2] siehe www.ulmer-kantorei.de/Kritiken/2008_Klopstock_Duellmann.pdf