Konzertkritik des Südkurier vom 15.10.2013:

„Almost Heaven“ macht Namen Ehre
Von Sabine von Bellersheim


„Pleni sunt coeli“ heißt es im Sanctus der Heiligen Messe, die Himmel sind deines Ruhmes voll. Doch kam am Samstag in der Schlosskirche zu Friedrichshafen keine Messe zur Aufführung. Voll des Gotteslobes waren die Gospels, die den Kirchenraum erfüllten. Und der war ebenfalls voll: voller Zuhörer nämlich, fast wie an Weihnachten. Da macht das Singen noch mehr Spaß.

Fast unheimlich war, mit wie viel sichtbarer Freude die etwa 40 Sänger den ganzen Abend bei der Sache waren. 40 Missionare waren da unterwegs, um die „gute Nachricht“ zu verkünden. Nichts anderes bedeutet „Gospel“ (god spel). „Almost Heaven“, der Name des Gospel-Chors schien an diesem Abend besonders gut zu passen, so beseelt wirkten die Sänger. Das bemerkenswerte Engagement wurde sehr begünstigt dadurch, dass alles auswendig gesungen wurde. So konnten die Sänger fortwährend Blickkontakt zum Publikum halten.

Bevor sie allerdings strahlen, besser: ausstrahlen konnten, schlug Kantor Sönke Wittnebel ganz allein vorm Altar fetzige Töne an, zu denen sich alsbald ferne Stimmen gesellten. In gemächlichem Wiegeschritt näherten sich die Chorsänger vom Hauptportal her und bekannten dabei „I wanna be ready“. Die Zuhörer waren bereit und die Sänger sowieso. In ihren blauen und orangefarbenen bodenlangen Gewändern standen sie endlich vor dem Altar. Chorleiter Sönke Wittnebel ergriff geschwind noch die Gelegenheit, in gewinnenden Worten daran zu erinnern, dass der Gospelchor anlässlich des 50-jährigen Bestehens von „Brot für die Welt“ 50 Prozent des (freiwilligen!) Eintrittsgeldes an diese Organisation spenden werde. Dann aber gewannen endgültig die Töne des kraftvollen Klangkörpers die Oberhand. Immer waren die Frauen und Männer in Bewegung; teils nach eigenem Impetus, gelegentlich auch mit abgesprochener Choreographie.

Ganz in der Tradition der amerikanischen Gospel-Chöre lösten sich einzelne Sängerinnen und/oder Sänger aus dem Pulk und riefen solistisch den „Holy Lord Jesus an“ oder versprachen „He's always close to you“. Solistisch zu wirken – dazu gehört allemal Mut. Und den honorierten die Zuhörer, waren jedoch auch differenziert in ihrem Applaus. Denn herausragende Gesangsleistungen bekamen auch herausragenden Applaus bis hin zu enthusiastischem Trampeln. Hin und wieder ein bisschen Percussion und vor allem sehr feinfühlige Lichteffekte, die ein elfjähriges Mädchen voll im Griff hatte! Auch das war „amazing“!

Sönke Wittnebel saß derweil strahlend am Flügel. Um die Disziplin seiner Sänger braucht er sich keine Sorgen zu machen – sie reagierten auf kleinste Zeichen und zelebrierten so manchen überraschenden Schlusseffekt. Das Feeling der wunderbaren Altistin mit viel Charisma und individueller Gestaltung stimmte ganz und gar: Everything is gonna be alright! Yeah!