Konzertkritik des Südkurier vom 29.10.2012:

Afrikanische Gospel mit schwäbischer Seele
Das Gospelkonzert von „Almost Heaven“ in der Friedrichshafener Schlosskirche zieht hunderte Besucher an.
Von Carmen Wagenseil

Almost Heaven“, der Gospelchor der Schlosskirchen-Gemeinde, begeistert das Publikum, das zum Chorkonzert in die Friedrichshafener Schlosskirche gekommen ist, mit bekannten aber auch neuen Stücken. Mit einem Klassiker schlechthin eröffnen die knapp 50 Sänger den Abend: „Go down Moses“ schmettern sie durch den Kirchenraum, dass auch wirklich der letzte geneigte Zuhörer von ihrem Enthusiasmus überzeugt wird. Alle Stimmen dürfen hier bereits zeigen, was sie können. Wobei die im Vergleich wenigen Männer gegen die geballte Frauen-Power ganz schön ankämpfen müssen. Aber hier geht es schließlich um Größeres, um die Frohe sBotschaft, um die Verkündung der göttlichen Erlösung. Und deswegen geben sie sich redlich Mühe, mit mehr als doppelt so vielen Frauen mitzuhalten. Mit „God has smiled on me“ fragen die Sängerinnen und Sänger, ob denn Gottes Lächeln auch bereits das Gesicht des Sitznachbarn erreicht habe. Und tatsächlich: Glückliche Menschen sitzen in der Schlosskirche und haben sich schon vom ersten Stück so überzeugen lassen, dass ein breites Grinsen ihre Gesichter ziert.

Was Almost Heaven wirklich gut gelingt, ist die Einbindung verschiedener Solisten. So haben sie für jedes Stück andere Sänger, die mit Mut und Engagement ihr Solo vortragen, der Chor dabei in den Hintergrund tritt und somit einen wunderbaren Klangteppich für den jeweiligen Solisten bietet. Hier hat Chorleiter Sönke Wittnebel ein gutes Händchen bewiesen. Bei „I saw the light“ beispielsweise hat er die perfekte Besetzung für das Frauensolo gefunden. Und auch beim neuen Stück „Take up your cross“ macht die Solistin ihren Job außergewöhnlich gut. Mal tritt sie solistisch nach vorne, um dann wieder im Großen des Chors einzutauchen.
Wer aber denkt, dass den ganzen Abend mit erhobenen Händen, schwingenden Hüften und fröhlichen Melodien Gottes Schöpfung gepriesen wurde, hat gefehlt. Denn überraschend viele ruhige, langsame und besinnliche Lieder wurden angestimmt. Und die zu jedem Stück vorgetragenen Texte waren gedankenvoll und voller Feingefühl. Wirklich viel mit dem Kultfilm „Sister Act“ mit Whoopie Goldberg hatte das alles nicht zu tun. Ganz nachdenklich war „Bridge over troubled water“, das zwei Männer besinnlich und voller Seele in der Stimme vortrugen und nur beim Refrain vom Chor unterstützt wurden.
Eine wunderbare Sache war, dass das Konzert keinen Eintritt kostete, mit der Kollekte aber soziale Einrichtungen in Friedrichshafen unterstützt werden. Nicht nur deswegen war die Schlosskirche auf den letzten Platz belegt. Denn mit viel Herzblut waren die Chormitglieder um ihren Chef Sönke Wittnebel dabei. Dass es sich hierbei aber trotzdem um einen Laienchor handelt, war vor allem bei der Technik nicht zu überhören. Meist waren die Solisten und das Schlagwerk zu laut, so dass der Chor alle Mühe hatte, nicht im blassen Hintergrund zu verschwinden. Und wenn die stimmgewaltigen Damen auch einmal den Herren eine Chance lassen, ihr Können unter Beweis zu stellen, wird aus der irdischen doch noch eine himmlische Vorstellung. Ein glanzvoller Versuch, das Publikum mit einzubeziehen, war ein gemeinsam gesungener Kanon aus Afrika. Das verlangt eine Widerholung.