Vergleicht man unsere heutige Zeit mit ihrer Tendenz zur globalen Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten, wird einem auffallen, dass dies in der Barockzeit keineswegs so war. Als Maß für die Tonhöhe galt das örtliche Fußmaß, das in Hamburg im 17. und 18. Jahrhundert im Vergleich zu benachbarten Städten relativ kurz war. Bei der Abnahme der Orgel für die „Grote of Michaelskerk“ in Zwolle wurde das vom Sohn Arp Schnitgers, Franz Caspar, erbaute Instrument allgemein gepriesen. Die örtlichen Instrumentalisten aber, die an der Festmusik mitgewirkt hatten, klagten über die Höhe des Stimmtons, an den sie mit ihren Instrumenten (wohl vor allem mit den Blasinstrumenten) kaum herankamen. Die Stimmtonhöhe jener Zeit lag gemessen am Fußmaß in etwa einen Halbton über unserer heutigen und so erklingt unsere Aufführung auch am heutigen Karfreitag 2015. Sänger und Instrumente erhalten dadurch eine intensive Strahlkraft und Stärke.

Auch das Stimmungssystem folgt den historischen Vorbildern. Die seinerzeit allgemein übliche mitteltönige Stimmung liefert acht reine Dur-Terzen sowie eine daraus folgende ungleiche Skala der diatonischen und chromatischen Schritte. Selle setzt diese Wirkung insbesondere im ersten Intermedium als Ausdrucksmittel ein. Insgesamt erhält der Klang hierbei eine besondere Farbigkeit und Resonanz, die mit der heute üblichen und als Standard vorliegenden gleichschwebenden Temperatur nicht darstellbar ist.

Fred Wittnebel