Konzertkritik des Südkurier am 18.10.2011

 

Lebendig frische Apostelgeschichte
Von Elfi Braschel

 

„Das Geheimnis von Zelle zehn“: Überzeugende Musicalinszenierung mit der Mädchen- und Jungenkantorei an der Schlosskirche.
Kantor Wittnebel widmet das Stück allen verfolgten Christen.


Wie viel Begeisterung ein Musical mit der Mädchen- und Jungenkantorei an der Schlosskirche unter der Leitung von Kantor Sönke Wittnebel auslösen kann, ist am Samstagabend in der Schlosskirche Friedrichshafen erneut zu erleben gewesen. Denn dieses Jahr ist das Stück „Das Geheimnis von Zelle zehn“ von besonderer Qualität. Der Apostelgeschichte entnommen, schildert es die Christenverfolgung, die Gefangennahme von Petrus und dessen Befreiung durch einen Engel, weil er auf Gott vertraut hat.

Bestens vorbereitet überzeugen die Kinder durch großen Einsatz und Disziplin. Souverän füllen sie ihre Rollen aus. Einige beweisen sich nicht nur mit anrührenden, gekonnten Soli, sondern auch mit beachtlichem schauspielerischem Talent, nämlich einerseits sicher aufzutreten und andererseits mit Mimik und Gestik zu spielen sowie Gefühle authentisch auszudrücken.

Viel Aktion findet auf der Bühne durch das Stück per se nicht statt. Doch zeigen die jungen Akteure durchweg Präsenz, wenn Mikros blitzschnell von einem zum anderen gereicht werden oder wenn sich auf der Bühne verschiedene Gruppen bilden und gleichzeitig Soldaten aufmarschieren. Und zwischendurch finden alle wieder im großen Chor zusammen. Bemerkenswert rund und solide ist sein Klang dieses Jahr. So lebendig, frisch und sauber hat er selten geklungen. Rhythmischer Schwung gelingt den durchweg sicheren Stimmen ebenso gut, wie Einfühlsamkeit zu zeigen.

Das ist vor allem in den solistischen Beiträgen zu bewundern. In „Gott ist meine Stärke“ zeigt die Petrus-Darstellerin zum Beispiel sehr schön, wie man Emotionen in die Stimme legt, wie sie sich wandeln kann von Verlassenheit zu Hoffnung. Aufsteigender Nebel versinnbildlicht den Mief und die Feuchtigkeit im Gefängnis.

Von Jahr zu Jahr werden auch Licht- und Tontechnik professioneller. Die Lichteinstellungen, die man für dieses Stück braucht, sind der Grund, warum erst um 19 Uhr begonnen werden konnte. Die Regie und den reibungslosen Ablauf garantieren Wittnebels Frau und etliche Eltern, die auch in der Auswahl der Kostüme und Requisiten stets ein gutes Händchen haben.

Erschrocken stellte Wittnebel während des Einstudierens fest, wie aktuell diese 2000 Jahre alte Geschichte plötzlich wieder war, als ein Sprengsatz in Ägypten koptische Christen während der Weihnachtsmesse in den Tod riss. Und so war es ihm ein Bedürfnis, diese Aufführung allen verfolgten Christen zu widmen, besonders aber den Kopten. Vielleicht hatte das Musical deshalb auch solche Intensität, weil den Kindern die Brisanz des Themas bewusst war. Und so ist der Hass auch zu spüren, als der Chor „Weg, weg, weg, Christen müssen weg“ scharf artikuliert. Wie sehr das Stück fesselt, wird am Ende klar, als im Nu eine Stunde verstrichen war. Die Euphorie im Schlusslied „Dank sei unserem Gott“ ist mitreißend. Dank sei auch der Mädchen- und Jungenkantorei und ihrem Leiter für ihr lebendiges und erhellendes Spiel.

 

 

Konzertkritik der Schwäbischen Zeitung vom 16.10.2011

Dank sei Gott

Kinder bieten mitreißendes Musical in der Schlosskirche - Aufführung ist den verfolgten Christen gewidmet.
Von Christel Voith

Dank sei unserm Gott, denn er ist gut“, schallt’s am Ende des Kindermusicals „Das Geheimnis von Zelle 10“ freudig aus den jungen Kehlen. Denn Gott hat das Flehen der Christen um die Rettung des inhaftierten Petrus erhört. Es ist eine schöne Tradition, dass Kantor KMD Sönke Wittnebel mit den Kindern und Jugendlichen alljährlich ein Musical mit biblischem Hintergrund einstudiert.

Immer sind da die frischen jungen Stimmen, die Freude am Singen und Mitspielen, die kindgerechten Songs und Chöre. Doch selten war ein Musical so mitreißend wie dieses von Klaus Heizmann, das sich die Jugendlichen gewünscht hatten. Dass die Geschichte, die vor etwa 2000 Jahren zur Zeit der Christenverfolgung in Jerusalem spielt, jetzt durch die blutigen Ausschreitungen gegen koptische Christen in Ägypten eine erschreckende Aktualität bekommen würde, hatte Wittnebel nicht geahnt. Fast hätte ihn der Mut verlassen, es aufzuführen, doch das wäre schade gewesen. Die jungen Sänger haben den Ernst durchaus begriffen und die Aufführung den verfolgten Kopten und den verfolgten Christen in aller Welt gewidmet.

Etwa 40 Kinder und Jugendliche von sieben bis 18 Jahren stehen auf der Bühne, sind Christen und Bürger von Jerusalem oder Soldaten auf der Suche nach Christen. Dramatik verrät schon die einleitende Musik – Wittnebel begleitet die Aufführung selbst vom Klavier aus. „Die Christen müssen weg, weg, weg!“ ,singt der Chor mit aggressiver Heftigkeit. Wer nach dem Warum fragt, hört nur: „Befehl ist Befehl!“ Nicht nachdenken, nicht nachfragen – Kadavergehorsam ist verlangt.

In Gottes Hand geborgen
In einem überzeugenden Solo legt Jakobus ein mutiges Bekenntnis ab – und wird abgeführt. Die verängstigten Christen, in Angst und Trauer bei Maria versammelt, erfahren von der Gefangennahme des Petrus. In flackerndem Licht wird er in die Todeszelle 10 geführt: „Wer laut darüber nachdenkt, der ist hier am Platze fehl“, singt der Chor. Während die Wachsoldaten würfeln, fragt sich Petrus in einem bewegenden Solo, was werden wird, und weiß sich doch in Gottes Hand geborgen. Ihn wird ein Engel retten, in jubelnder Freude klingt das Musical aus. Ein großes Lob an den Chor, die mutigen, gesangskräftigen Solisten, die Spieler, die ihre Texte so lebendig herübergebracht haben, an Kantor Wittnebel und alle Helfer im Musical-Team.